Alte Bäume wachsen noch von Marlis Pörtner

Alte Bäume wachsen noch
Neue Erfahrungen in späten Lebensjahren
ISBN/EAN: 9783608947991
Sprache: Deutsch
Umfang: 170 S.
Einband: gebundenes Buch
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- Die positiven Seiten des Alters realisieren und für sich nutzen Auch im Alter ein selbstbestimmtes Leben führen Das eigene Altern aus der Sicht einer erfolgreichen Psychologin
Marlis Pörtner, geboren 1933 in Zürich, war Schauspielerin, jobbte als Sekretärin, arbeitete als Rundfunksprecherin, Übersetzerin von Belletristik, Theaterstücken und Jugendbüchern, studierte später Psychologie, war viele Jahre als Psychotherapeutin und in der Fortbildung und Beratung sozialer Institutionen tätig. Sie war verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder. Am 31. Oktober 2020 ist sie verstorben.
Vorspann Im Alter geht es nur noch bergab. Veränderungen bringen nichts Gutes, im Gegenteil, sie beschleunigen den Abbau. Für alte Menschen ist es das Beste, wenn alles so bleibt, wie es ist, und in den immer gleichen Bahnen verläuft. So die gängige Meinung. Die Realität ist: Obwohl es uns mit zunehmendem Alter immer schwerer fällt, müssen wir uns gerade jetzt - ob wir wollen oder nicht - mit vielen Veränderungen auseinandersetzen, inneren wie äußeren. Vertraute Menschen sterben, die Welt rundherum verändert sich, im Großen ebenso wie in kleinen Dingen des Alltags. Der Laden, in dem wir seit Jahren eingekauft haben, musste seine Pforten schließen, das nette kleine Lokal, wo wir uns gerne mit Freunden trafen, ist einem Schnellimbiss gewichen, das Postamt in der Nähe wurde aufgehoben, die Zeitung, die wir jahrelang gelesen haben, erscheint nicht mehr. und so weiter und so fort. Auch der Körper ist nicht mehr das, was er war. Im Spiegel blickt uns eine alte Frau, ein alter Mann entgegen, und wir fragen uns manchmal erschrocken: Bin das wirklich ich? Die Sehkraft nimmt ab, das Gehör wird schlechter, manches, was wir früher problemlos nebenher erledigt haben, schaffen wir nur noch mit Mühe. Selbst diejenigen, die das Glück haben, von schweren Krankheiten verschont zu sein, müssen sich mit allerlei altersbedingten gesundheitlichen Problemen herumschlagen. Das alles ist unangenehm, zeitraubend und mühsam, man könnte sich unentwegt darüber ärgern oder grämen und dem, was früher war, nachtrauern. Man kann es auch anders sehen: Veränderungen fordern uns heraus, beleben uns, rufen schlummernde Kräfte wach und erweitern den Horizont. Veränderungen, selbst unliebsame, bringen uns weiter - wenn wir bereit sind, uns mit wachen Sinnen auf sie einzulassen. Für alles, was er im Alter verliere, gewinne er etwas hinzu, erklärte kürzlich der siebzigjährige Regisseur Peter Stein in einem Radio-Interview. Noch sind solche Stimmen selten, aber es werden ihrer mehr. Sie zeigen, dass die - nicht zu bestreitenden - Beschwerden und Beeinträchtigungen des Alters nur die eine Seite der Medaille sind. Wenn wir unseren Blickwinkel ändern, werden wir auch ihre andere Seite entdecken und die späten Jahre als Chance begreifen können. Den Blickwinkel ändern heißt nicht: wegschauen, sondern im Gegenteil: genauer hinschauen, das Auge weiter schweifen lassen, um verschiedene Seiten altersbedingter Veränderungen wahrzunehmen, die schmerzlichen und die hoffnungsvollen. Dann erkennen wir, dass dieser Lebensabschnitt nicht nur Verlust mit sich bringt, sondern auch überraschende Entwicklungsmöglichkeiten bereithält. Den Blickwinkel ändern heißt nicht, die Beschwernisse und Unannehmlichkeiten des Alters und die damit verbundenen Gefühle verdrängen, sondern ihnen ins Auge sehen, sie annehmen und versuchen, so gut wie möglich mit ihnen zu leben. Drei Eigenschaften - oder sollte ich besser sagen Tugenden? - erweisen sich als besonders hilfreich, ja unverzichtbar, um sich die Lebensfreude zu erhalten und die späten Jahre - trotz und mit ihren Einschränkungen - als eine zufriedene und erfüllte Zeit zu erleben: Achtsamkeit, Flexibilität und Versöhnlichkeit. Achtsamkeit ist eine buddhistische Tugend, die wir schon in jüngeren Jahren gut gebrauchen könnten. Im Alter wird sie geradezu unentbehrlich, um trotz mancherlei Beschwerden den Alltag gut bewältigen zu können. Höchste Zeit also, sie sich anzueignen: Achtsamkeit nach innen, auf unsere momentane Befindlichkeit, auf Schwachstellen, die sich heute besonders bemerkbar machen und beachtet werden müssen, auf Bedürfnisse, denen wir Raum geben sollten. Achtsamkeit nach außen, auf das, was auf dem Weg liegt: Da ist eine Stufe kaum zu sehen, dort lauert eine Unebenheit - lauter Stolpersteine, die man in jüngeren Jahren gar nicht bemerkt, weil sie noch keine Bedeutung haben. Man wird dünnhäutiger im Alter - im wörtlichen wie im übertragenen Sinn. Die Haut wird tatsächl
Muss man sich im Alter alles gefallen lassen?